Mit dem Rad zur Fuball-WM in Katar

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Kurztrip durch Serbien

Weil es gleich mehrere Tage durchregnen sollte, haben wir uns ein Auto gemietet, um Serbien auf diesem Weg zu erkunden.

Schon die Fahrt auf der Autobahn machte uns wieder deutlich, dass Serbien anders ist. Wir sind nicht mehr in der EU, das Land hat auch andere Partner. Russlands Einfluss ist vielerorts spürbar – nicht nur an den Tankstellen. Und die Chinesen bauen in Serbien das Autobahnnetz als Komplettlösung – alle 50 KM sind am Rande der Autobahn einfache Containerlager aufgebaut, in denen – so vermuten wir – die Chinesen leben. Für China ist Serbien einer der wichtigsten Bausteine in Europa beim Neue-Seidenstraße-Projekt.

Serbien stand schon immer zwischen großen Mächten – politisch zum Beispiel zwischen Habsburg und dem Osmanischen Reich. Aber auch religiös – nach dem Schisma 1054 lag die Region genau an der Grenze zwischen katholischer und orthodoxer Kirche. Die Serben entschieden sich im 13. Jahrhundert für die orthodoxe Kirche – wir haben zwei der ältesten und bedeutendsten Klöster der serbisch-orthodoxen Kirche in Zica (oben) und Studenica (unten) besucht.

Auch in Serbien liegt die Entwicklung in Stadt und Land weit auseinander: In einem Gebirgstal sind wir auf zahlreiche Kohlenmeiler gestoßen, in denen Holzkohle auf althergebrachte Weise hergestellt wird.

Und immer wieder die extrem freundlichen und hilfsbereiten Menschen. Als uns das Navigationsgerät in die falsche Richtung geleitet hat, brachte uns dieser Taxifahrer wieder auf die richtige Strecke, indem er uns mehrere Kilometer vorausfuhr. Natürlich wollte er dafür nichts haben.

Serbien hat auch tolle Natur. Wir waren in der Uvac-Schlucht wandern, bis uns der Regen erwischt hat.

Serbien hat aber auch massive Umweltprobleme: Der Uvac ist mehrfach gestaut – und hat kaum noch Wasser. Die Baumgrenze markiert auf dem Bild die Grenze, wo das Wasser eigentlich stehen sollte – es fehlen rund 50 Meter. Viele Schiffe, deren Besitzer offenbar in den letzten Wochen und Monaten nicht vor Ort waren, liegen auf dem Trockenen.

Im kleinen Ort Mokra Gora nahe der Grenze zu Bosnien hat der Regisseur Emir Kusturica eine Art Freilichtmuseum gebaut. Er hat auch einen Film über Maradona gemacht – wenn ich gewusst hätte, dass wir dort im Maradona-Zimmer hätten schlafen können … Auch in der Person Kusturicas wird das Besondere an Serbien deutlich: Auf der einen Seite ein im Westen gefeierter Regisseur (Goldene Palme Cannes, Silberner Löwe Venedig, Silberner Bär Berlin), auf der anderen im Jugoslawien-Krieg umstritten wie sein Freund Peter Handke und jetzt durchaus Putin-nah.

Von Mokra Gora aus fährt ein restaurierter alter Zug auf abenteuerliche Weise über einen Pass – das haben wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen.

Dabei haben wir Camille (links) kennengelernt – eine Französin, die in Amsterdam lebt und alleine auf dem Balkan unterwegs ist. Mit uns im „Abteil“ waren auch Mihaijlo, Dejan und Nada – eine sehr sympathische Familie aus Belgrad. Wir hatten eine tolle Zeit!

Jetzt geht es wieder aufs Rad!

Für zwei Stunden ein „Totengräber“

Weil die Ausfahrt Novi Sad und vor allem die Einfahrt Belgrad sehr verkehrsreich sein sollen, sind wir diese Strecke mit dem Zug gefahren.

Wir waren uns unsicher, ob wir die Fahrräder unterbekommen. Die Bahnmitarbeiterin am Gleis in Novi Sad hat uns an den Zugchef verwiesen. Sinisa (siehe Foto): „Please follow me!“ Er brachte uns an die Zugspitze und half uns, die Fahrräder zu platzieren. Sollen wir das Gepäck runternehmen? „No, no – we want Your trip to be as comfortable as possible.“ Im Zug gab´s WLAN und einen leckeren Cappuccino. Geplante Abfahrt: 10:00. Effektive Abfahrt: 10:00. Geplante Ankunft 10:38. Effektive Ankunft 10:38 Uhr. Deutsche Bahn – noch Fragen?

Im Bahnhof Belgrad haben wir uns dann mächtig verfranst und den Ausgang zur falschen Seite genommen. Am Ende mussten wir die Fahrräder an der Autobahn Treppe rauf und runter tragen – und schließlich hat uns das Fahrrad-Navi kräftig veräppelt, sodass wir statt 30 Minuten eineinhalb Stunden bis zum Hotel gebraucht haben. Bei 37 Grad und einer recht bergigen Stadt mit einem Höllenverkehr kein Spaß. Aber wir sind natürlich trotzdem angekommen – und wir haben die Deutsche Botschaft gefunden.

Belgrad ist eine Stadt im Umbruch – wie Berlin vor 30 Jahren. Vieles ist grau und bröckelt, aber es entsteht von einigen Hotspots aus viel Neues. Sehr spannend.

Mich zog es erst einmal ins Fußballstadion. Die Nummer zwei der Belgrader Topclubs, Partizan Belgrad, absolvierte eine Qualifikationsspiel zur UEFA Conference League gegen die Hamrun Spartans aus Malta. Das ist eigentlich unter der Würde des ruhmreichen Partizan, aber der Verein muss seit Jahren kleine Brötchen backen.

Ein herrliches Old School Stadion mit Blick über die Stadt vom höchsten Platz aus. Es waren keine 10.000 Zuschauer da, aber Partizan gewann mit 4:1 …

Ich habe das billigste Ticket genommen – was sich als Platz bei den Ultras entpuppte. Schon beim Eingang meinte einer: „In Blau kannst Du hier nicht rein.“ Also schnell ein schwarzes T-Shiert erworben – und für zwei Stunden ein Grobari (Totengräber), so heißen die Fans von Partizan.

Novi Sad – jetzt ist Pause angesagt

Ein Großteil des Donauradwegs verläuft auf dem Damm. Mal fahren wir sandige Feldwege, aber sehr oft sind wir auf geteerten Straßen unterwegs. Wenn wir dann noch Rückenwind haben, geht es schnell dahin. Manchmal tauchen aber auch Autos auf – meistens Angler auf dem Weg zu ihren Geheimplätzen. Das Manko: für Fahrradfahrer wird nicht wirklich gebremst.

Im kleinen Örtchen Dunafalva hatten wir „Elsa´s Angerparadies“ komplett für uns. Im gesamten Gebiet von Budapest bis Novi Sad haben wir übrigens mehr Menschen getroffen, die Deutsch sprechen, als Menschen, die Englisch sprechen. Ein wenig wirkt die deutsche Vergangenheit noch nach, vor allem aber arbeiten sehr viele Menschen in Deutschland. Besonders auffällig war das im Norden Serbiens – an der Grenze haben wir mehr deutsche als serbische Kennzeichen gesehen.

Erst mal kamen wir aber an die kroatische Grenze (der rote Pfeil zeigt auf das Grenzhäuschen, das die Größe eines Dixie-Klos hat). Eigentlich war geplant, über Osijek weiterzufahren. Dafür hätten wir aber Bundesstraßen nutzen müssen. Nach einer Erfahrung in Ungarn mit LKWs, die bei Tempo 100 keinen Meter Abstand zu Radlern lassen, haben wir uns für die wilde Variante über Serbien entschieden.

Eines schon mal vorneweg: Die Menschen, die uns bisher in Serbien begegnet sind, waren alle unglaublich freundlich und hilfsbereit.

Die erste Unterkunft in Serbien hatte den Stil vergangener Zeiten.

Der Weg auf der serbischen Seite ist sehr einsam. Wir sind nur ganz selten auf Menschen getroffen. Dafür auf Rehe, Störche, Reiher, Hasen – und zweimal auf Wildschweine. Der rote Pfeil zeigt auf das letzte einer ganzen Rotte, die in Seelenruhe unseren Weg gekreuzt haben – bis sie uns bemerkt haben.

Im Naturschutzgebiet Gornje Pudunavlje haben wir zum ersten Mal wild gecampt. Natürlich an einem dafür vorgesehenen Platz :-). Oha – mit 50+ ist es halt doch nicht mehr so wie mit 20. Aber die Nudeln haben geschmeckt.

Und der Abend mit Blick auf die Donau war sehr schön – bis die Schnaken kamen …

Ungarn und Serben sind passionierte Angler und Fischer. Zumindest die Männer – Frauen haben wir beim Angeln keine gesehen.

Überall entlang der Strecke stehen Bienenkästen – manchmal in geradezu industriellem Ausmaß. Die Leute ziehen ganze Wägen an den Wald. Honig gibt es dementsprechend überall zu kaufen.

Selten, aber immer wieder zu sehen – vor allem bei dem extremen Niedrigwasser zurzeit: Die Donau hat auch Strände. Andrea hat auch gebadet, wir haben aber nur selten Menschen im Wasser gesehen.

Am 16. August sind wir in Novi Sad angekommen, der zweitgrößten Stadt Serbiens. Das Panorama stammt von der Festung Petrovaradin, dem Wahrzeichen der Stadt. Sie ist UNESCO-Weltkulturerbe und hatte eine große Bedeutung für die Habsburger.

Novi Sad hat eine schöne Altstadt. Wir haben beschlossen, eine längere Pause einzulegen. Nach Belgrad fahren wir mit dem Zug weiter, nachdem wir gehört haben, dass weder die Ausfahrt aus Novi Sad noch die Einfahrt nach Belgrad für Radfahrer gut zu fahren sein soll – extrem viel Verkehr, keine Radwege.

Novi Sad ist Europas Kulturhauptstadt 2022 (obwohl Serbien nicht in der EU ist) – gestern Abend habe ich Andrea in ein Konzert im serbischen Nationaltheater geschleppt, bei dem unterschiedliche Gruppen aus der Region zusammen musiziert haben. Viel Folklore, aber zumindest zweitweise spannende Balkan-Musik …

Der Doc sagt: Kann losgehen!

Dr. Stefan Schäfer und ein Teil seines Teams.

6.000 Kilometer mit dem Rad. Was sagt der Arzt dazu? Stefan Schäfer ist selbst gerne in der Welt unterwegs – und einen ganz kurzen Moment hat er gezuckt, ob er nicht eine Etappe mitfährt. Sein OK habe ich auch jeden Fall jetzt – und eine Menge Impfungen und guter Tipps obendrauf. Vielen Dank an das ganze Praxis-Team der Gemeinschafts-Praxis Mahdi-Schäfer für die tolle Unterstützung!

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